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Wie du Vertrauen wieder zurück gewinnen kannst: 7 Dinge, die wichtig dafür sind

Vertrauen ist das größte Geschenk, das wir einer anderen Person machen können. Denn ohne Vertrauen, lassen wir uns beim Sex nicht mehr fallen, wir behalten unsere privaten und intimen Gedanken für uns, und Regeln und Kontrolle sind Teil unserer Beziehung. Vertrauen erleichtert nicht nur das Miteinander, es verschönert es auch. Doch Vertrauen zurückzugewinnen, wenn es bereits einen Vertrauensbruch gab, ist eine ganz andere Herausforderung, als Vertrauen zu Beginn einer Beziehung aufzubauen. Dabei bedeutet ein Vertrauensbruch nicht immer eine Affäre. Auch Lügen über Schulden, die eigene Vergangenheit, Respektlosigkeiten und Herabwürdigungen oder wiederholte Verletzungen können zu Zweifeln führen.  

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In diesem Artikel erfährst du sieben Dinge, um Vertrauen wieder aufzubauen und zurückzugewinnen, wenn es durch Verletzungen, ein böses Wort, Lügen oder einen Seitensprung zunächst zerstört erscheint.  

Doch bevor du weiterliest: Du hast natürlich auch das Recht und die Möglichkeit, eine gesunde Grenze für dich zu ziehen. Wo die liegt, ist allerdings eine sehr persönliche und situationsabhängige Entscheidung. Auch kann professionelle Hilfe sinnvoll und erleichternd sein. Wenn ihr als Team beschlossen hast, dass ihr das gemeinsam schaffen könnt, lest ruhig weiter!  

  

1. Vertrauen hat auch eine emotionale Seite 

Immer wieder über Fakten zu diskutieren, kann manchmal helfen und wichtig sein, um wieder vertrauen zu können oder ein Missverständnis aufzulösen. Manchmal hängen wir uns aber auch an den Fakten auf, weil wir die emotionale Ebene nicht gelöst haben. 

Vertrauen ist nicht nur eine Frage von Fakten, sondern auch und vor allem eine emotionale Geschichte. Viele meiner Klient*innen berichten davon, dass sie lange bevor die Wahrheit herausgekommen ist, bereits das Gefühl hatten, dass etwas nicht stimmt. Damit will ich nicht sagen, dass wir einen nicht zu täuschenden Lügendetektor in uns haben. Vertrauen hat auch eine emotionale Seite – und die ist manchmal sogar wichtiger als die Fakten.   

Bist du bereit, jemanden bei seinen schmerzhaften Emotionen zu begleiten? Bist du bereit, jemanden dorthin mitzunehmen? 

Dass die emotionalen Wunden noch nicht geheilt sind, merken wir oft daran, dass der Vertrauensbruch in emotionalen Momenten, die eigentlich nichts mit dem Betrug zu tun haben, wieder thematisiert wird und hochkommen. Das können sehr schöne, innige Momente sein – aber auch ein Streit über ein ganz anderes Thema. Diese Plötzlichkeit und Intensität deuten darauf hin, dass es noch emotionale Wunden gibt.  

Wir können oft erst wieder vertrauen, wenn wir in unserem Schmerz gesehen, verstanden und akzeptiert wurden, wie es auch Kollegin und Paartherapeutin Erika Kliever im Interview berichtet.

Wenn du möchtest, dass jemand dir wieder vertrauen kann, musst du mit ihm gemeinsam an diesen Ort der schmerzhaften Gefühle gehen. Dabei kannst du die andere Person weder durch ein Gefühlschaos durchpeitschen. Noch kannst du sie dazu zwingen, dass sie mit dir über ihre schmerzhaften Erfahrungen spricht. Du kannst sie nur bitten, dich mitzunehmen. Eure einzige Chance ist dann, dass du der anderen Person das Vertrauen gibst, was sie gerade nicht hat, dir ihr Herz wieder zu zeigen.  Du vertraust ihr, dass sie dich mitnimmt und ihr das gemeinsam durchsteht.  

 

2. Schuldgefühle wollen verändern 

Schuldgefühl sind nicht schön und manchmal sind sie auch destruktiv oder blockierend. Aber als Emotion haben sie einen ganz essentiellen Wert für ein gelingendes Zusammenleben. Schuldgefühle motivieren uns, uns zu verändern. Und das ist, wenn es zu Verletzungen kam, wichtig und gesund. Unser Verhalten hatte negative Konsequenzen und wir können von niemanden erwarten, dass er/sie das hinnimmt oder riskiert, dass es nochmal passiert– wir müssen uns also verändern, wenn wir diese Beziehung retten wollen. 

Aus systemischer Sicht ist es schwer, einer einzelnen Person die Schuld zu geben und darum geht es auch nicht. Es geht nicht darum, jemanden den schwarzen Peter zuzuschieben. Es geht um das Gefühl von Schuld, das wahrscheinlich alle Seiten in unterschiedlicher Intensität spüren. Bei Veränderungswünschen kann es helfen, so konkret und spezifisch zu sein wie möglich: Was war genau das Verletzende: waren es leere Versprechungen, war es fehlende Rücksichtnahme, waren es Lügen, war es das Bloßstellen, waren es Erniedrigungen? 

Über all diese gewinnen wir nämlich Vertrauen: Um zu vertrauen, brauchen wir Respekt statt Bloßstellung und verletzender Worte; Worte und Taten müssen zusammenpassen; Mitgefühl und Empathie anstelle von Egoismus.  

 

3. Vertrauen braucht Geduld 

Wahrscheinlich schmunzelst du gerade. Es ist ziemlich offensichtlich, dass Vertrauen Geduld braucht. Doch wenn wir mit einer Person bereits zusammen sind oder zusammen leben, kann es schwer sein, diese Geduld aufzubringen. Ich erkläre dies meinen Klient*innen so:  

Für die Person, die verletzt hat, läuft alles mehr oder weniger so weiter wie zuvor. Äußerlich hat sich meistens nichts verändert. Sie sind noch ein Paar, sie leben vielleicht noch zusammen, die Rituale und Gewohnheiten sind eigentlich ziemlich gleich. Und auch innerlich ist es für sie – bis auf das Schuldgefühl – gleich: Sie weiß, wer die andere Person ist, dass sie sich auf ihre Partner*in verlassen kann, wie ihre Werte sind. 

Für die andere, betrogene Person, hat sich die Welt einmal auf den Kopf gedreht. Sie wurde negativ überrascht und hat nun eventuell das Gefühl, nicht mehr zu wissen, mit wem sie es zu tun hat: Welche Werte vertritt die andere Person? Hat sie noch mehr Geheimnisse und schlechte Seiten? Kann ich mit jemandem intim sein, den ich gar nicht kenne? So wie beim Dating muss die betrogene Person ihre Partner*in erst wieder kennenlernen. Wenn man eigentlich schon viel weiter ist, ist das seltsam und befremdlich. Es ist also so, als wären die Personen auf unterschiedlichen Stufen des Vertrauens. 

Das kann eben bei einem Vertrauensbruch passieren und ist gar nicht so selten. Sich darüber bewusst zu werden, dass das vollkommen normal ist, kann helfen, alte mit neuen Erwartungen abzugleichen und eine Krise, als Chance zu sehen, sich nochmal neu kennenzulernen. Und das ist vielleicht sowieso keine schlechte Idee, weil ein Vertrauensbruch manchmal auch dadurch geschieht, dass wir uns auseinander gelebt haben. 

 4. Vertrauen ist das Ergebnis von Mut 

Dass wir davon sprechen, Vertrauen zu gewinnen, kommt nicht von ungefähr. Das Wort setzt sich schließlich aus der Vorsilbe „ver“ und „trauen“, also Mut haben, zusammen.  Im Deutschen deutet die Vorsilbe „ver“ immer darauf hin, dass etwas vollendet wurde.  

Ver-Trauen ist also das Ergebnis davon, Mut zu haben. Vertrauen wieder aufzubauen, braucht den Mut von der betrogenen Person, das Risiko noch einmal einzugehen. Aber wenn sich die verletzende Person nicht traut, sich zu verändern, wird es genauso schwer, das Vertrauen zurückzugewinnen. Beide Seiten müssen sich also bewusst auf eine Veränderung einlassen, die erstmal herausfordernd wirkt und sie aus ihrer Komfortzone führt.  

 

5. Vertrauen ist gut – Kontrolle auch 

Pinn den Artikel über Vertrauen doch auf Pinterest. So findest du ihn immer wieder :)

Viele hängen an dem Ideal von Vertrauen und wenn es sich gut anfühlt zu vertrauen, gibt es daran auch nichts auszusetzen. Aber es gibt Situationen, in denen Kontrolle genauso ihre Berechtigung hat. Manchmal gibt es auch gute Gründe, manche Lebensbereiche zu kontrollieren, anstatt dort blind zu vertrauen. Diese Kontrolle muss auch nicht für immer sein, sondern kann auch einfach eine Phase sein.  

Das ist vielleicht wie mit einem Praktikanten. Natürlich würde es leichter gehen und die Arbeit erleichtern, wenn wir einfach darauf vertrauen könnten, dass die Arbeit zu unserer Zufriedenheit erledigt wird. Es gibt aber auch Situationen, in denen es fahrlässig wäre, dem Praktikanten blind zu vertrauen und nicht noch einmal einen Blick darauf zu werfen.  

Genauso kann es sein, wenn unser Herzensmensch kein gutes Händchen für Geld hat oder einen Entzug durchmacht, dass Vertrauen sogar kontraproduktiv und gefährlich wäre. Eine Zeit lang werden z.B. die Ausgaben kontrolliert, wenn das Thema Schulden waren. Oder ob es Anfälle für einen Rückfall gibt beim Thema Sucht. Ein wachsames Auge zu haben und die andere Person für eine Zeit liebevoll und streng zugleich an die Hand zu nehmen, kann auch ein Zeichen sein, gemeinsam am Problem zu arbeiten. 

Kontrolle braucht Transparenz 

Wichtig ist bei Kontrolle erstens, so transparent und konkret wie möglich zu sein. An was im Alltag merkt ihr, dass ihr einander stückchenweise wieder vertrauen könnt? In welchen spezifischen Situationen erdrückt euch die Kontrolle? Welche Situationen oder Momente triggern eure Angst und ihr braucht Kontrolle als Form von Sicherheit? Was kann die andere Person tun, um euch dann zu beruhigen?  

Zweitens ist wichtig, dass Kontrolle nicht gleichgesetzt wird mit Entmündigung. Nur weil jemand einen zweiten Blick auf etwas wirft, heißt es nicht, keine Entscheidungen mehr treffen zu dürfen. 

 

6. Die Vorboten des Vertrauensbruchs 

Ein Vertrauensbruch beginnt meistens schon vor dem eigentlichen Delikt und kann auch darüber hinausreichen. Zum Beispiel geht es nicht nur um das Fremdgehen an sich. Meistens gab es vor dem Betrug schon eine lange Phase, in der der fremdgehende Partner*in sich zurückgezogen hat oder das Gefühl hatte, nicht alles zeigen zu dürfen. Die langen Arbeitszeiten, wilde Partynächte mit Freund*innen, unbeantwortete Nachrichten – die Vorboten des Betrugs können sehr unterschiedlich sein. Und sie können nach dem Betrug zu Warnsignalen werden, die in uns Unsicherheit und Angst hervorrufen. Nichts davon ist natürlich per se ein Zeichen für Betrug oder eine Verletzung.  

Doch die betrogene Person verbindet mit dem Gefühl von Distanz und Ablehnung Gefahr (und lag damit wohl auch nicht ganz falsch). Dazu kommt, dass ein Vertrauensbruch für jede Person auch unterschiedlich aussehen. Für die eine Person beginnt Fremdgehen beim hinterherschauen, bei der anderen beim Kuss. Und die dritte Person ist davon verletzt, nichts gewusst zu haben.  

Das Gleiche gilt auch für Lügen oder verletzendes Verhalten – meistens geht dem ein Blick, ein Tonfall, usw. Voraus. 

Es kann hilfreich sein, diese Details im Blick zu behalten und darüber zu reden. Nicht, um sich gegenseitig Vorwürfe zu machen, sondern um miteinander heilen zu können. Wenn ich weiß, was die andere Person verletzt hat und wie sich ein Vertrauensbruch angekündigt hat, kann ich daran arbeiten, an den Zustand vorher zu kommen: dem Zustand, an dem es gut war.  

 

7. Vertrauen entsteht, wenn Erwartungen zu Handlungen passen 

Vertrauen kann sich wie ein großes Risiko anfühlen und Vertrauen zurückzugewinnen, ist auch kein Zuckerschlecken. Deswegen ist es vollkommen natürlich zu fragen, wozu man wieder vertrauen sollte. Und noch wichtiger, wenn man dafür eine ehrliche und überzeugende Antwort hat.  

Aus meiner Erfahrung aus der Paartherapie, ist es eher kontraproduktiv, wenn dieser Grund ein verklärtes Beziehungsideal ist. Dass eine Beziehung nur auf Vertrauen basiert, kann funktionieren – muss es aber nicht. Umgekehrt sagt es nicht zwangsläufig etwas über die Qualität einer Beziehung aus, wenn partiell Kontrolle vorherrscht. Beim Thema Schulden kann dies beispielsweise sogar entlastend und befreiend wirken.  

Im Idealfall treffen Erwartungen und Umsetzung beim Thema Vertrauen aufeinander – denn so baut sich Vertrauen ja schließlich auch auf. Wenn unsere Worte zu unseren Handlungen und unsere Handlungen zu unseren Worten passen. Das bedeutet konkret, uns erstmal über unsere Ideale und Erwartungen bewusst zu werden. Zweitens geht es darum, unsere Erwartungen zu kommunizieren und drittens unsere Erwartungen gemeinsam abzugleichen.  

Wenn du noch mehr Fragen zum Thema Vertrauen hast, schreibe sie gerne in die Kommentare. Und wenn du merkst, dass professionelle Hilfe dir/euch gut tun würde, schreibe mir gerne eine Nachricht oder buche direkt einen Termin. Wenn du nicht in München lebst, kann ich vielleicht eine passende Kolleg*in in deiner Stadt empfehlen. 

 



Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

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Ich bin Dr. Sharon Brehm und biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an. Meine Praxis für Einzel-und Paartherapie ist im Zentrum Münchens.

Fotocredit Titelbild: Baylee Gramlin via unsplash