Wie wir gesunde Grenzen in unserer Beziehung setzen können?

Grenzen. Wie zwiespältig wir ihnen gegenüberstehen. Auf der einen Seite haben die meisten von uns sich ein Leben mit so wenigen Grenzen wie möglich geschaffen. Wir entscheiden selbst, was wir essen, wie wir unsere Werte leben, was wir noch im Leben erreichen wollen. Wir haben uns unseren Herzenmenschen selbst ausgesucht, unseren Beruf, unseren Wohnort. Vor allem haben wir aber gelernt: Wenn wir jemanden lieben, darf es keine Grenzen geben. Wir vertrauen darauf, dass unsere Grenzen eingehalten werden, weil sie für uns normal sind. Doch wer gelernt hat, dass Freiheit & Grenzenlosigkeit das non plus ultra sind, verliert sich manchmal selbst, findet sich ungerecht behandelt, leidet unnötig. In diesem Artikel möchte ich dir eine neue Perspektive für Grenzen mitgeben - und zeigen, wie wir auch gesunde Grenzen in Beziehungen setzen können. 

Warum wir manchmal keine Grenzen setzen?

Gerade Frauen haben gelernt, dass Grenzen wie Mauern sind. Wir erlauben uns Grenzen oft nicht, weil wir Distanz schaffen, wo wir Nähe suchen: Vielleicht mag mich die andere Person dann nicht mehr? Vielleicht weise ich sie zu sehr zurück? Gehört es nicht zu meinen Aufgaben, meinen Herzensmenschen glücklich zu machen? 

Vielleicht wurden deine Grenzen auch in der Kindheit und Jugend nicht respektiert - und du hast es aufgegeben, sie zu verteidigen? Vielleicht hast du gelernt, dass Wut etwas Schlechtes und Unanständiges ist und kannst Grenzen deswegen nicht klar kommunizieren? Vielleicht weißt du auch nicht, wie du diese gesunden Grenzen kommunizieren sollst? 

Warum brauchen wir Grenzen in unserer Beziehung?

Wie können wir liebevoll Grenzen in unserer Beziehung setzen? Wann braucht es ein klares “Nein” - und welche Bedeutung hat unsere Körpersprache beim Grenzen setzen & schützen? Teile diesen Artikel gerne mit deinen Liebsten!

Wie können wir liebevoll Grenzen in unserer Beziehung setzen? Wann braucht es ein klares “Nein” - und welche Bedeutung hat unsere Körpersprache beim Grenzen setzen & schützen? Teile diesen Artikel gerne mit deinen Liebsten!

Ohne Grenzen nehmen wir die Wut unseres Partners persönlich. Wir fühlen für uns für den Frust, die Enttäuschung, das Leiden, die Stimmungsschwankungen unserer Liebsten verantwortlich - und damit schuldig, hilflos und ausgeliefert. Ohne Grenzen glauben wir jeder Anklage, jedem Vorwurf. Ohne Grenzen lassen wir verbale, emotionale, finanzielle und körperliche Gewalt zu. Wir lassen Dinge mit uns machen, für die wir uns schämen. Wir vergessen uns selbst. Ohne Grenzen fühlen wir uns manchmal im falschen Film: Hab ich das wirklich gesagt? Hab ich das wirklich zugelassen? Ist das wirklich gerade passiert?

Und darauf reagieren wir oftmals genauso destruktiv. Wir rufen zum Gegenangriff, wir mauern, wir beleidigen, wir sind selbst beleidigt, schmollen, schweigen, ziehen uns zurück, suchen woanders Bestätigung. Und das wiederum verletzt unsere Herzensmenschen genauso. Es beginnt ein Teufelskreis. 

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Die andere Person aber kannst du nicht zwingen, ihr Verhalten zu ändern & Größe zu zeigen. Die Person, die am leichtesten dein Leben in die richtigen Bahnen lenken kann, bist du. Und wenn du gerade zweifelst, lass mich dir versichern: Du hast so viel Kraft & Stärke in dir. Und vielleicht brauchst du nur eine neue Perspektive auf Grenzen, um den nächsten Schritt gehen zu können.


Grenzen schaffen nicht automatisch Distanz. Grenzen schaffen erstmal Struktur in unseren Beziehungen.

Eine neue Perspektive auf Grenzen kann dich bei deinen Gedanken weiterbringen. Für mich haben Grenzen etwas von Klarheit & Struktur. Nehmen wir diesen Text:

Grenzen in einer Beziehung setzen? So können wir gesunde Grenzen setzen & schützen uns selbst. Mehr Tipps aus der Paartherapie?

Jede Zwischenüberschrift, jeder Absatz, jeder Punkt ist eigentlich wie eine Grenze zwischen Gedanken. Dieser Text wäre ohne all diese Punkte, Grenzen und Strukturierungen nicht lesbar. Beim Schreiben nutzen wir ganz automatisch ein ganzes Repertoire an Grenzziehungen und wir verwenden die Zeichen bewusst so, dass wir verstanden werden. 

Würde ich etwa nach jedem Satz einen neuen Absatz beginnen, wäre es keine Kolumne mehr - sondern maximal ein Gedicht. Wenn ich nur Punkte und niemals ein Komma setzen würde, wäre dieser Text sich sehr hart & abgehackt zu lesen. Manchmal benutze ich Gedankenstriche, die quasi kleine Einschränkungen sind. Und ein Semikolon würde bedeuten, dass es noch mehr Bereiche gibt, auf die meine Aussage zutrifft. All diese Zeichen helfen dir, mich besser zu verstehen.

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Gesund Grenzen zu setzen, bedeutet die richtigen Zeichen zur richtigen Zeit zu nutzen

Gesund Grenzen zu setzen, bedeutet die richtigen Zeichen zur richtigen Zeit zu nutzen. Mehr Zitate über Grenzen aus der Paartherapie?

Und genauso verhält es sich mit unseren Grenzen in unserer Beziehung. Denn indem wir kommunizieren, schaffen wir Orientierung, Klarheit - und eben Grenzen. Ich muss also die richtigen Zeichen zur richtigen Zeit setzen. Spielerisch und passend zur Aussage. Dich als Leser*in im Blick. Grenzen zu setzen, muss dabei nicht aggressiv sein.


Grenzen bewusst setzen anstatt aggressiv.

Es gibt einen feinen, aber wichtigen Unterschied zwischen aggressiv und assertive (also bestimmt). Aggressiv wäre etwa jeden Satz mit einem Ausrufezeichen zu beenden! Damit du mich verstehst! Wahrscheinlich hättest du nach drei Sätzen aufgehört, wenn ich jeden! Satz! So ende!! Genauso gilt es, in unserer Kommunikation unterschiedliche Zeichen zu setzen.

Mit welchen Zeichen kann ich Grenzen in einer Beziehung setzen?

Wir können weniger harte Grenzen setzen, indem wir noch mehr Infos liefern, so als würden wir ein Komma setzen. In der Kommunikation kann das zum Beispiel eine Begründung oder ein freundliches Eingehen auf mein Gegenüber sein: „Danke, dass du mir das sagst. Danke für dein Ehrlichkeit.“ 

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Außerdem könne wir nicht nur sprachliche Zeichen setzen, sondern auch unseren Körper und unsere Stimmlage benutzen. Denn über 50% unserer Kommunikation geschieht über nonverbalen Zeichen, etwas mehr als 30% über unseren Tonfall - unsere Worte haben im Vergleich ganz schön wenig Aussagekraft. 

Ich kann also mit meinen Worten streng sein & mit meinen Gesten jemanden zeigen, dass er mir wichtig ist. Ich kann ruhig & bestimmt reden. Ich kann anstatt subjektive Bewertungen wie „Du bist ein Idiot“ rauszuschmettern auf der sachlichen Ebene bleiben: „Ich sehe das anders.“

Grenzen setzen in Beziehung darf auch mal “Nein” heißen. Nein ist ein vollständiger Satz.

Manchmal darf ich auch eine Grenze mit einem einfachen, minimalistischen „Nein“ setzen - beziehungsweise, es ist sogar wichtig, dies zu tun. „Nein“ ist ein vollständiger Satz. Manchmal muss ich auch mal laut & wütend werden. Es darf auch mal ein Ausrufezeichen geben.

Ein Beispiel für dein Repertoire an Grenzziehungen

Lass uns diese Grenzziehungen am Beispiel Sex durchgehen: Mit manchen Personen, in manchen Situationen, zu manchen Konditionen möchtest du grundsätzlich keinen Sex. Nein ist Nein. Dies musst du auch nicht begründen. 

Bei deinem Lieblingsmenschen sieht das wahrscheinlich anders aus. Hier darf die Grenze weicher sein. Grundsätzlich hast du wahrscheinlich Lust auf deinen Herzenmenschen, aber vielleicht bist du gerade eben ausgebrannt & ausgelaugt. Also ist es eher ein „Nicht jetzt, aber wannanders.“ Ein Semikolon wäre: „Lass uns heute romantisch und zart sein - auch wenn ich es sonst ein bisschen wilder mag.“ Du kannst all das natürlich schroff sagen, ohne deinen Partner anzuschauen - oder du nimmst bei deinem „Nein“ deinen Herzensmenschen an die Hand und sagst ganz liebevoll, dass du einfach mehr Verführung brauchst und nicht von 0 auf 100 beschleunigen kannst.

In der Liebe Grenzen setzen & schützen, kann schwer sein. Doch aus der Paartherapie weiß ich auch, wie wichtig es ist.

Da aber jeder Mensch und jede Beziehung anders ist, gibt es hier keine pauschale Antwort, welche Zeichen der Grenzziehung die „richtige“ ist. Deswegen möchte ich dich ermutigen: Erlaube dir, deine Zeichen selbst kennenzulernen & auszuprobieren. Wenn du dabei professionelle Unterstützung suchst, melde dich gerne bei mir. Ich biete sowohl online als auch in München Paartherapie an.


Systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München von Dr. Sharon Brehm. Praxis im Zentrum.

Ich bin Dr. Sharon Brehm und biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an. Meine Praxis für Einzel-und Paartherapie ist im Zentrum Münchens.

Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

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Fotocredit Titelbild: RD Slav via unsplash

Sharon Rose Brehm1 Comment