Liebt er mich noch? Oder sprechen wir nur unterschiedliche Sprachen der Liebe?
Liebt er mich noch? Diese Frage kann an Beziehungen nagen. Sie führt zu Streit und Missverständnissen. Doch manchmal liegen die Zweifel daran, dass Paare unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen. Doch welche Sprache sprechen wir, wie wirkt sich das auf unsere Beziehungen aus – und wie können wir dies auch für alltägliche Aufmerksamkeiten und für Geschenke nutzen?
Sprachlos schaut sie ihn an. In ihren Augen spiegelt sich Frustration und Wut und Trauer und Sehnsucht und Schmerz. Und die große Frage, ob er sie denn liebt. Sie zweifelt, merkt nicht, wie ihre filigranen Finger sich immer mehr in ihrem Kleid verkrampfen. Ihr Fäuste würden gerne schreien: „Wenn nicht einmal die kleinen Gesten kommen, wie sollen da dann großen Gefühle sein? Er schenkt mir keine Aufmerksamkeit mehr.“
“Er schenkt mir keine Aufmerksamkeit mehr.”
Doch sie ist es leid und hat keine Worte mehr. Sind es die fehlenden Blumen, die fehlenden Fragen, die fehlenden Berührungen, die fehlenden Komplimente oder der fehlende Blick? Er. Die Beziehung. Die Liebe. Ihre Lebendigkeit. All das fehlt. Besonders seitdem die Überstunden zur Gewohnheit geworden sind. Oder begann es mit der Krankheit der Mutter? Oder als es schwierig war, die Rechnungen zu begleichen? Wurde es so schlimm als er ihre Wünsche und Bitten nur mit Stille reagierte?
Sprachlos. Das ist das Wort, das mir in der Paartherapie dazu in den Sinn kommt. Natürlich kann niemand, außer der Person selbst sagen, ob sie noch Gefühle hat – wahrscheinlicher aber ist, dass es sich um Missverständnisse und fehlende Kommunikation handelt. Dieses Fehlen an Aufmerksamkeiten ist oft und einfach ein weiteres Beispiel dafür, warum Liebe eine Fähigkeit ist, die wir lernen und kultivieren können. Liebe kann auf so unterschiedliche Arten ausgedrückt werden. Liebe hat unterschiedliche Sprachen. Wenn Menschen unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen, kann auch das zu Ängsten und Frustration führen. Das ist ungefähr so, als würde jemand mit dir Chinesisch sprechen – und du merkst es nicht, ärgerst dich aber, warum es dauernd zu Missverständnissen kommt. Doch allein zu wissen, dass wir unsere Liebe unterschiedlich ausdrücken, reicht manchmal nicht.
Liebt er mich noch – oder ist es eher ein Missverständnis in der Liebe?
Wir kennen das Phänomen, dass wir im Urlaub gerne eine andere Sprache sprechen. Wenn wir etwa von der spanischen Sonne und dem dunkelroten Sangria beschwipst sind, zwitschern wir ein besseres Spanisch als noch zu Schulzeiten. Aber in einer fremden Sprache getröstet zu werden, kann uns frustrieren und verunsichern. Die Worte kommen nicht so an – und wir können uns nicht verständlich machen. In Krisen wünschen wir uns, der andere spricht unsere Sprache.
In der Liebe und in Beziehungen ist es genauso. Wenn es uns gut geht, sprechen wir gerne auch eine andere Sprache der Liebe. Bei Streit in der Partnerschaft, Zweifeln oder schlichtweg Stress wünschen wir uns aber, in unserer eigenen Sprache zu kommunizieren.
Welche fünf Sprachen der Liebe gibt es?
Es gibt fünf Sprachen der Liebe: Physical Touch, Quality Time, Gifts & Presents, Words of Affirmations, Acts of Service. Ins Deutsche kann man sie mit Berührung, gemeinsame, Geschenke, Komplimente & Anerkennung, und praktische Hilfe übersetzen. Gary Chapman hat das Konzept bereits in den 70er Jahren eingeführt. Das Buch „Die 5 Sprachen der Liebe” hilft zu verstehen, warum es manchmal zu Konflikten und tatsächlichen Missverständnissen kommt.
Beispiele für Kommunikationsprobleme bei unterschiedlichen Sprachen der Liebe
Wenn jemand zum Beispiel eher Komplimente und Anerkennung braucht, wertet sie die Umarmung oder Küsse der anderen Person nicht als Liebesbotschaften, sondern als Sprachlosigkeit – sie wird wütend und frustriert. Wenn jemand eher Zeit zu zweit verbringen möchte, sind Geschenke zwar schöne Gesten, aber nicht das, was er/sie sich wünscht. So kann es eben schnell dazu kommen, dass wir uns nicht geliebt fühlen – oder meinen, wir würden alles falsch machen. Dabei kann die Lösung ziemlich einfach sein.
Dabei ist weder der eine noch der andere Liebes-Sprachstil besser oder schlechter. Es geht im ersten Schritt darum, anzuerkennen, dass ihr unterschiedlich seid und wie ihr euch in eurer Unterschiedlichkeit akzeptieren könnt– anstatt daran zu zweifeln, ob er mich noch liebt. Wir können natürlich auch mehrere Sprachen lernen oder „bilingual“ aufgewachsen sein. Im zweiten Schritt kann man die fünf Sprachen der Liebe dafür nutzen, um den Alltag liebevoller zu gestalten, dem Partner eine Freude zu machen oder sogar für Geschenkideen.
Test: Welche der fünf Sprachen der Liebe sprechen wir?
(Wenn die Schrift zu klein ist, könnt ihr den Test in Ruhe zu Hause am PC machen oder den Test direkt auf der Seite der 5 Sprachen der Liebe machen) Bei dem Konzept der Sprachen der Liebe geht es nicht darum, Menschen in Schubladen zu stecken. Der Test der fünf Sprachen der Liebe, hilft uns eher für den Alltag: Kommunikation, Zweifel und Selbstreflexion, aber auch Geschenk und Ideen, wie wir dem anderen eine Freude machen können. Wir merken, dass Menschen nun mal unterschiedlich sind und bekommen dank dem Test gute “Werkzeuge” an die Hand.
Schöne und praktische Wege, die fünf Sprachen der Liebe zu sprechen
Wenn die Person, die du liebst, die Sprache „Komplimente & Anerkennung“ spricht
Freud schrieb schon, dass Worten eine Magie innewohnt – Words are Magic. Und das trifft definitiv für diese Sprache der Liebe zu. Ernstgemeinte Komplimente von „Die Farbe steht dir“, ehrliches Lob wie „Du hast toll gekocht“ und ein offenes Ohr sind für diese Personen Balsam für die Seele. Umgekehrt, Kritik und harsche Wörter verletzen sie mehr als andere.
Was diese Person braucht?
Komplimente
Liebesbriefe
kleine Notizen mit Danksagungen, Lob und Wertschätzung
freundliche Nachrichten
ein offenes Ohr
Aufmunterung und Ermutigung
intime Gespräche
Was ihr wehtut?
Harte Worte
Die Annahme, dass sie weiß, dass sie geliebt wird.
Die Annahme, dass sie gut ist, so wie sie ist.
Die Annahme, dass sie weiß, dass du stolz auf sie bist. (Daran zweifelt sie nämlich, wenn sie es nicht hört)
Nicht-konstruktive Kritik
Fehlende Anerkennung
Unnötige oder nicht enden wollende Vorwürfe
Wenn die Person, die du liebst, die Sprache „Geschenke“ spricht:
Geschenke müssen nicht unbedingt teuer sein. Diese Person ist einfach eher haptisch oder visuell. Das Schöne an Geschenken ist, dass sie wie kleine Erinnerungsstücke sind. Zeig ihr, dass du an sie denkst, indem du deine Gedanken Materie werden lässt.
Was diese Person braucht?
Kleine Zeichen, dass du an sie/ihn gedacht hast (z.B. die Lieblingsschokolade mitzubringen) und Erinnerungsstücke an besondere Erlebnisse
Zu wissen, dass sie eine Priorität ist
Geschenke zu besonderen Anlässen
Was ihr wehtut?
Besondere Events und Jahrestage zu vergessen
Geschenke ohne Bedeutung
Materialismus. Es geht nicht um die teuersten Geschenke. Diese Person liebt es Erinnerungen an schöne Momente zu sammeln.
Wenn die Person, die du liebst, die Sprache „Berührung“ spricht:
Wichtig ist: Berührung bedeutet nicht unbedingt und zwangsläufig Sex. Wenn diese Personen traurig oder wütend sind, erreichst du mehr, wenn du sie in den Arm nimmst als wenn du ihr einen Ratschlag gibst. Über deine Körpersprache und Berührungen, also deine non-verbale Kommunikation, kannst du diese Personen wunderbar erreichen.
Was diese Person braucht?
Umarmungen, Küsse, Händchenhalten
Körperliche Intimität ist eine Priorität
Non-verbale Körpersprache, die zeigt, dass du sie liebst
Nicht-sexuell gemeinte Berührungen, die einfach zeigen, dass du präsent bist
Was ihr wehtut?
Physische Ablehnung
lange Phasen ohne körperlichen Kontakt
Körperlicher Missbrauch
Körperliche Berührungen, die nicht ernst warm gemeint sind
Wenn die Person, die du liebst, die Sprache „Gemeinsame Zeit“ spricht:
Für diese Personen ist gemeinsame Zeit das wichtigste. Wenn du ihr zeigen möchtest, wie viel sie dir bedeutet, treffe dich mit ihr an Orten ohne Ablenkung und schenke ihr deine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Was diese Person braucht?
Gemeinsame Reisen und Ausflüge, Hobbies und Spaziergänge
Ungeteilte Aufmerksamkeit
Quality Time
Was ihr wehtut?
Zu viel Zeit mit anderen
Zu viel Zeit in großen Gruppen
Isolation
Zu große Zeitabstände zwischen Treffen
Ablenkungen während Gesprächen
Wenn die Person, die du liebst, die Sprache „Praktische Hilfe“ spricht:
„Taten sagen mehr als Worte“ trifft auf diese Person definitiv zu. Oftmals sind es die kleinen Gesten, in denen sich die Liebe für sie zeigt. Sie bringen dir eine Tasse Tee, wenn du hustest. Sie räumen für dich auf, weil sie wissen, dass du nach der Arbeit zu müde bist. Sie organisieren den nächsten gemeinsamen Urlaub. Wenn du ihr auf eine ganz praktische Art und Weise deine Aufmerksamkeit zukommen lässt, wissen sie, dass du sie liebst und an sie denkst.
Was diese Person braucht?
Hilfe bei alltäglichen Aufgaben
die Übernahme von Aufgaben
deine Aufmerksamkeit dafür, wie du sie/ihn unterstützen kannst
loyale Partner, die für sie da sind
Jemand, der sich bei enormen Stress auch zurücknehmen kann
Was ihr wehtut?
leere Versprechen und Aufgaben, die vergessen werden
wenn die Arbeit wichtiger erscheint als sie
wenn die Aufgaben einer anderen Person wichtiger sind als jene deines Partners
Ignoranz von Hilferufen
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Eure Sharon <3
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Ich bin Dr. Sharon Brehm und ich bin davon überzeugt, dass Lieben leicht ist. Wenn du dieses Gefühl von Leichtigkeit in der Liebe und in deinen Beziehungen wieder erleben willst: Ich biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an.
Titelbild: Thought Catalogue via unsplash