Eric Hegmann inspiriert uns schon lange auf unterschiedlichen Wegen. Als Paartherapeut in Hamburg, Chefredakteur von beziehungsweise.de und zuletzt mit der Modern Love School, einer Online Schule rund um das Thema Liebe. Im Interview erzählt er von seinen Erfahrungen aus der Paartherapie. Es geht speziell um die Frage, wie wir Erfolg beim Dating haben und Bindungsangst überwinden können.

Hallo Eric, du unterstützt Parship als Experte und bist damit der Fachmann für Online Dating. Worin siehst du die Vorteile daran, jemanden über das Internet kennenzulernen?

Eric Hegmann: Menschen sind heute dank Smartphone 24 Stunden am Tag Online. Dort knüpfen sie natürlich auch Kontakte und daraus entstehen Beziehungen. Das ist auch gut so. Es wäre schrecklich, würden wir keine Bindungen in den Räumen schaffen, in dem wir uns aufhalten. Denn Online Dating ist nicht nur Tinder oder ElitePartner und Parship, sondern geschieht auch und vielleicht sogar vor allem in den sozialen Medien wie Instagram oder Facebook.

Die Chance, jemanden kennenzulernen, dem man sonst auf seinem Trampelpfad von Arbeits- und Ausbildungsplatz, Freundeskreis und Freizeit nie begegnet wäre, ist ein Segen für alleinerziehende Elternteile, für Senioren, die ihren Partner verloren haben, und Personengruppen mit besonderen Wünschen und Bedürfnissen.

Auch scheinen online Beziehungen zu größerer Beziehungszufriedenheit zu führen, aber das müssen Langzeitstudien herausfinden. Aktuell ist sicher, dass Online-Paare schneller zusammenziehen und heiraten als Offline-Paare. Und sicher ist auch: Online Dating geht nicht mehr weg. Verschiedene Studien aus den USA zeigen, dass dort mittlerweile in Bevölkerungsgruppen wie homosexuellen Männern und Frauen über 80 Prozent der Beziehungen online entstanden sind, bei den Heterosexuellen in den Metropolen weit über 50 Prozent. Ob viele Paare sich nicht auch offline gefunden hätten? Sicher. Viele aber eben auch nicht.

Was sind die größten Stolpersteine beim Online Dating?

Eric Hegmann: Es scheint so, als wären beim Online Dating jene Menschen besonders erfolgreich, die auch offline erfolgreich wären und umgekehrt gilt das genauso. Bis auf einige technische Dinge wie das richtige Profil auszufüllen, ist online genauso wie offline – und streng genommen ist das Auftreten, der Stil und die Kommunikation bei einem Date nichts anderes. Ich trenne deshalb bei der Beratung von Singles nicht nach Online oder Offline-Suche, sondern nach erfolgreichen und nicht erfolgreichen Strategien.

Was braucht es, damit wir Erfolg beim Dating haben?

Eric Hegmann: Zu denken, der Erfolgsfaktor sei Attraktivität, ist meiner Erfahrung nach zu kurz gedacht. Es geht vielmehr um Optimismus, um Selbstvertrauen, um Mut und um den Umgang mit Zurückweisung. Ich denke: Online wie offline sorgt unser Bindungssystem dafür, ob wir passende oder weniger gut passende Partner wählen.

Wie meinst du das mit dem Bindungssystem?

Eric Hegmann: Je sicherer mein Bindungsverhalten, umso einfacher kann ich mich verlieben und Liebe zulassen. Je ängstlicher, umso eher gerate ich an vermeidende Typen. Diese faszinieren mich zunächst, aber nach etwa drei Monaten zeigt sich, dass es nicht passt. Denn anstatt verbindlicher zu werden,  übernehmen Bindungsangst oder Verlustangst die Kontrolle.

Welche Rolle spielt Vertrauen beim Online Dating? Ghosting und ähnliche Phänomene werden ja in vielen Medien diskutiert.

Eric Hegmann: Die sogenannten Dating-Phänomen gab es früher (leider) auch schon. Ghosting und andere Verhaltensweisen sind letztlich Schutzstrategien, um Verletzungen zu vermeiden. Wenn ich wie beim Ghosting einen Kontakt abbreche, ohne mich zu melden, dann meide ich die Situation der Zurückweisung. Was aber durchaus neu ist: Wir führen heute mehr Beziehungen als unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern zusammen, manche dauern nur Wochen, andere Monate – und erleben deshalb auch mehr Trennungen.

Mit jeder Zurückweisung und Enttäuschung verstärken oder entwickeln sich zwangsläufig Überzeugungen wie: „Das wird wieder nichts”, „Mit dem stimmt doch etwas nicht”, „In drei Monaten ist das sowieso wieder vorbei.” Jede Trennung hinterlässt eine Narbe und erzeugt den Wunsch, eine weitere Verletzung zu vermeiden. Je mehr Trennungen wir erleben, umso mehr Vermeidungsstrategien probieren wir aus und die vermeintlich erfolgreichsten nehmen wir an. Das Problem an diesen Verhaltensweisen ist jedoch, dass wir damit Ängste und negative Glaubenssätze festigen. Jeder bevorzugt andere Schutzstrategien. Allen aber ist gemeinsam, dass sie wahre Bindung verhindern, weil sie von der Angst geprägt sind, verletzt zu werden.

Was rätst du bei Bindungsangst und der Angst, sich auf jemanden einzulassen?

Eric Hegmann: Diese Angst zu überwinden ist die eigentlich Kunst der Partnersuche und die große Herausforderung. Es braucht Mut und Vertrauen. Nicht nur gegenüber anderen, auch gegenüber sich selbst. Es heißt, man müsse sich nur selbst genug lieben, dann würde das schon alles glatt gehen. Aber wie soll man sich lieben, wenn man permanent denkt: „Was stimmt nicht mit mir, dass ich keinen Partner finde?“

Nach meiner Erfahrung wäre es schon ein gewaltiger Fortschritt für viele, mit sich selbst befreundet zu sein, die eigenen Schwächen und Fehler annehmen zu können und zu erkennen, dass diese immer auch Stärken sein können – vielleicht auch nur in anderen Situationen. Am Ende entscheidet der Selbstwert über den Erfolg in der Liebe, denn der Selbstwert ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Bindungsverhaltens, das unsere Partnerwahl und unseren Wunsch nach Nähe und Distanz steuert.

Du berätst nicht nur Parship, sondern hast auch die Modern Love School gegründet. Warum braucht es sie?

Eric Hegmann: Ich denke, dass der Bedarf groß ist mehr über Partnersuche und Beziehungsleben zu erfahren. Es geht in der Modern Love School zum Beispiel darum, warum ich Single bin. Das ist eine Frage, die sich viele Menschen stellen und viel zu oft wird dann nur von zu hohen Ansprüchen, dem unglücklichen Beuteschema oder womöglich von Beziehungsunfähigkeit gesprochen. Oder welche Fragen sollte ich stellen, wenn ich mich entscheiden möchte, ob ich lieber in einer Beziehung bleibe oder lieber gehe? Worauf kommt es bei Paarkommunikation an?

Diese Themen konnten Menschen lange nur in Beratungsstunden ansprechen. Da gehören sie natürlich auch hin, aber wir möchten mit den Online Kursen und Tests der Modern Love School jedem niedrigschwellig, günstig, überall verfügbar und ohne Wartezeit und leicht verständlich Grundlagen näherbringen. Diese können später durchaus auch in Einzelberatungen mit Therapeuten vor Ort vertieft werden und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Online Kurse sind die neuen Ratgeber-Bücher, nur multimedial und mit viel mehr Möglichkeiten. Diese Möglichkeiten wollen wir mit unserer Online Schule austesten. Wir stehen ganz am Anfang.

Wie kann ich mir so einen Kurs bei der Modern Love School vorstellen? Welche Themen gibt es und wie lange dauert ein Kurs?

Eric Hegmann: Aktuell unterscheiden wir zwischen Online Tests und Online Kursen. Unser Paarkommunikations-Kurs beispielsweise kommt schon beinahe klassisch mit Video- und Audiofiles, mit Texten, mit Übungen, mit herunterladbaren Unterlagen, aufgeteilt in Module und Lektionen. Unser Paartest ist eher vergleichbar mit der Beziehungs-Anamnese bei der Paartherapie und setzt auf Fragen und Auswertungen beispielsweise zur Beziehungszufriedenheit oder zur Intimität.

Woher weiß ich als Paar, ob ich eher einen gemeinsamen Kurs bei der Modern Love School belege oder lieber gleich eine Paartherapie mache?

Eric Hegmann: Wir haben die Preise unserer Kurse so gehalten, dass sie maximal den Kosten einer Einführung in die Paartherapie oder dem Beziehungs- oder Single-Coaching entsprechen, damit es kein entweder-oder, sondern eher ein sowohl-als auch wird, wenn man alleine oder die Partner feststellen, sie würden gerne Themen angehen. Wir planen auch therapeutische Begleitung durch Dozenten und Online Kurse zu verknüpfen.

Zu guter Letzt interessieren mich noch deine Erfahrungen aus der Paartherapie. Wenn du Paaren nur drei Dinge mit auf den Weg geben könntest, welche wären das?

Eric Hegmann:

1. Seid selbst der Partner, den ihr euch wünscht.

2. Alles, was ihr im Alltag füreinander macht, ist Vorspiel.

3. Heirate die/den, der auch dein*e beste*r Freund*in ist!

Was ist aus deiner Sicht das Schönste in einer Paartherapie für Paare?

Eric Hegmann: Das Schönste ist, wenn bei Paaren die Neugierde aufeinander und das Verständnis füreinander zurückkommt wie in den ersten durchgequatschten Nächten, in denen man nicht genug voneinander erfahren konnte.

Die Beziehung zum Paartherapeuten bzw. zur Paartherapeutin ist entscheidend für den Erfolg einer Therapie. Deswegen, was macht deinen Stil aus?

Eric Hegmann: Ich biete meinen Paaren Werkzeuge an und ich erkläre den Umgang mit ihnen, damit die Partner ihre Konflikte ohne mich lösen können. Dabei setze ich auf wissenschaftliche Methoden wie die Interventionen von Professor John Gottman. Mein Schwerpunkt liegt auf dem Bindungsverhalten, deshalb schätze ich sehr die Emotionsfokussierte Paartherapie von Sue Johnson. Nur Nähe kann Nähe schaffen. Ich sage auch klar: Esoterik ist nicht mein Ding. Und vielleicht noch: Bei mir in der Paartherapie wird viel gelacht, Tränen kommen dabei allerdings nicht zu kurz.

Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

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Ich bin Dr. Sharon Brehm und ich bin davon überzeugt, dass Lieben leicht ist. Wenn du dieses Gefühl von Leichtigkeit in der Liebe und in deinen Beziehungen wieder erleben willst: Ich biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an.

Fotocredit: Joanna Nix via unsplash