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Wie wirst du Stress und negative Energien los? Monthly Recap aus der Paartherapie

“Wie wirst du Stress und negative Energien los?”, fragte mich neulich eine Klientin. Schließlich laden Menschen täglich ihre Frustration, ihren Schmerz und ihren Stress bei mir ab. Genauso sind Streit, Beleidigungen und belastende Situationen natürlich Themen in einer Paartherapie. Die Klientin selbst erlebt, wie stark es sie erdrückt, wenn ihr Partner schlecht drauf ist – und dazu kommen natürlich noch ihre eigenen Päckchen und Problemchen. Wenn sie eine einzige Person schon so aus dem Gleichgewicht bringen kann, wie kann ich trotz meiner Arbeit positiv und ausgeglichen zu bleiben? Wie also schaffe ich es als Paartherapeutin, Stress und negative Energien loszuwerden?

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Eins vorneweg: Auch ich habe natürlich Tage, an denen ich ausgebrannt bin und mich am liebsten um 8 Uhr schlafen legen würde, weil Paartherapie natürlich nicht immer ein Zuckerschlecken ist. Stress und negative Energien sind Teil jeder menschlichen Erfahrung und es erlaubt, auch einmal schlecht gelaunt zu sein. Nichtsdestotrotz möchte ich in diesem Monthly Recap teilen, was mir hilft, um mich eben wieder von Stress zu lösen, der von Außen auf mich einwirkt.

1. Ich gehe spazieren, um Stress abzubauen.

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Ich fahre eigentlich immer Fahrrad. Selbst im tiefsten Winter und bei Wind und Wetter. Inzwischen besitze ich auch eine kleine Kollektion an schrulligen Regenoutfits. Obwohl ich Fahrradfahren so sehr liebe, schiebe ich mein Rad manchmal nach Hause, um einfach nur spazieren zu gehen. Ohne Musik. Ohne Podcast. Ohne nebenbei zu telefonieren. Sondern einfach nur um zu gehen.

Das Spazierengehen klingt vielleicht zu einfach um wahr zu sein. Aber vielleicht liegt gerade darin die Magie. Diese Minuten, in denen niemand etwas von mir will und in denen ich von niemanden etwas will, sind Gold wert. Meine Gedanken haben den Raum für Kreativität und Lösungen, und gleichzeitig kann ich dem ein oder anderen Gedankenkarussell entkommen.

Das Beste: Selbst an einem Tag, an dem noch 15 weitere To-Dos auf mich warten, kann ich mir die Zeit zum Spazierengehen nehmen, ohne mich schlecht zu fühlen. Ich kann spazieren gehen, unabhängig vom Wetter oder davon, welchen Sport ich mag, von meinem Alter oder der Tageszeit, meiner finanziellen Situation oder meinen Talenten. 

2. Ich akzeptiere die überforderte Version meines Selbst

Manchmal sehe ich mir selbst zu und ärgere mich über meine Tollpatschigkeit, meine Fahrigkeit, meine Erschöpfung. Diese unausgeglichene Version von mir, steht tatsächlich öfters in meiner Wohnung seitdem ich in der Paartherapie den ganzen Tag mit Streit, Konflikt und Krisen zu tun habe.

Aber gerade, dass ich diese überforderte Version von mir jetzt kennenlerne, sehe ich auch als ein Geschenk für meinen Beruf. Ich habe gelernt und lerne am eigenen Leib, dass Überforderung sich sehr unterschiedlich ausdrücken kann und das erweitert meine Perspektive und mein Mitgefühl. Überforderung zeigt sich nicht immer klar kommuniziert, konstruktiv oder müde und zurückgezogen. Manchmal zeigt sich Überforderung als ganz schön anstrengend für seine Mitmenschen. Mauligkeit, Ungeduld, Passivität, Unentschlossenheit, Wut, Trauer, Frustration, Rastlosigkeit, Hummeln im Hintern – Überforderung hat viele Gesichter. Um aber etwas zu heilen, muss ich die Ursache sehen. Wenn ich etwa auf die vordergründige Wut eingehe, es aber in Wirklichkeit Überforderung und Stress ist, helfen meine Strategien nicht so gut.

Solange ich nicht merke, dass ich einfach überfordert bin, kann ich mir diese Pause nicht gönnen – und im schlimmsten Fall schäme ich mich auch noch für mein Verhalten und das vergrößert den Stress zusätzlich. Sobald ich jetzt merke, dass ich gereizter oder fahriger reagiere als sonst, legt sich bei mir ein Schalter um: Ich brauche eine Pause. Ich bin überfordert. Und wenn ich mir diese Pause nehmen konnte oder zumindest kommuniziert habe, dass ich eine Pause brauche, geht es mir schon leichter. Ich atme innerlich durch, weil ich weiß, ich bin meinem inneren Gleichgewicht einen Schritt näher gekommen.

3. Ich suche mir meine Kämpfe sehr bewusst aus.

Gerade in Zeiten, in denen ich Stress habe und den ganzen Tag an mir gezogen wird, bin ich sehr wählerisch mit den Kämpfen, die ich führe. Muss ich mich wirklich darüber aufregen, dass der Fahrradfahrer mich geschnitten hat oder sollte ich mich nicht eher auf die Straße konzentrieren? Muss ich mich wirklich darüber aufregen, dass ich etwa den Bus verpasst habe oder deute ich diese 10 Minuten nicht lieber als geschenkte Pause? Muss ich mich wirklich darüber aufregen, dass die Socken in der Wohnung verteilt wurden oder kann ich sie für jetzt nicht einfach ausblenden? Eine Frage, um wieder eine andere Perspektive zu bekommen: Wird das in 5 Jahren von Bedeutung sein? Und wenn es noch von Bedeutung ist, kann ich es dann nicht in einem entspannteren Moment ansprechen?

Wenn Kritik oder weitere Anfragen an meine Energie von außen kommen und ich kaputt bin, frage ich mein Gegenüber, ob wir das Thema auf morgen früh verschieben können, weil ich gerade nicht aufnahmefähig bin. Ich würde mir aber gerne die Zeit nehmen. Wenn ich merke, dass ich gerade überfordert bin (siehe Punkt 2), kann ich Klarheit reinbringen und sehr bewusst entscheiden, welche Kämpfe ich wann kämpfen muss und will.  

4. Ich meditiere täglich.

Auch wenn es klischeehaft klingt, aber ich meditiere täglich und liebe dieses Selbstliebe-Ritual inzwischen sehr. Es gibt unzählige Gründe und Studien, die dazu auffordern. Was meine Motivation wirklich gesteigert hat, war folgender Gedanke: Wir müssen unsere Gedanken genauso trainieren wie unseren Körper. Meditation trainiert meinen Geist und unterstützt den Präfrontalen Kortex. Das ist jener Bereich unseres Gehirns, der rationale Entscheidungen fällt, der selbstreflexiv handelt und Lösungen findet. Bei all den Emotionen, die arbeitsbedingt durch meine Amygdala (unser „altes“ Gehirn) schießen, brauche ich eben einen guten Gegenspieler. So wie ich für einen starken Rücken auch Bauchmuskelübungen trainieren muss 😉

Manchmal gönne ich mir einen Powernap.

Und sollte ich mal beim Meditieren einschlafen, mache ich mir keine Selbstvorwürfe, sondern erlaube mir diesen kurzen Powernap. Für mich sind kurze Schlafeinheiten von 10-20 Minuten perfekt und so habe ich auch schon einige stressige Phasen gemeistert. Manche Menschen fragen mich, woher ich meine Energie bekomme – mein Geheimnis sind Powernaps.

5. Ich pflege meinen Körper.

So wie ich meine Gedanken trainiere, tue ich auch meinem Körper etwas Gutes. Sport, gesunde Ernährung und Beautyrituale bedeuten für mich vor allem, dass ich meinen Körper feiere und dankbar bin, dass er gesund und lebendig ist. Ich investiere in mich, mein Wohlbefinden und damit in jede meiner Beziehungen. Super cool, wenn ich dadurch mehr in irgendein Schönheitsideal passe.

Aber noch cooler ist es einfach, einen gesunden Körper zu haben, der mir Energie gibt. Unser Körper ist eine so magische Maschine:  über 17.000 Atemzüge und 115.200 Herzschläge jeden Tag! Wie viele blaue Flecken, Schnitte oder Krankheiten dieser Körper schon geheilt hat? Wie oft mein Körper schon richtig reagiert hat, bevor ich die Situation rational greifen konnte. Ich bin jedes Mal fasziniert von ihm. Mein Körper ist das Zuhause meines Geists. Und in einem gepflegten, schönen Ambiente lässt es sich eben leichter Energie tanken.

6. Ich verbinde mich im Schmerz mit meinen Liebsten

Stress und Überforderung sind oft so anstrengend, weil wir uns damit alleine fühlen. Wir glauben, wir sind die einzigen mit diesen Themen und das uns niemand in unserem Schmerz wahrnimmt. Aber weil wir Menschen soziale Verbindungen zum Überleben brauchen, ist dieser Gedanke Existenz bedrohlich – und damit sind wir noch gestresster als davor.

Deswegen ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen: Schmerz hat die unglaubliche Kraft, Menschen zu verbinden. Wir verbinden uns tiefer über Leid und Trauer als über Freude und gute Laune. Diese Verbindung kann ich mit großartigen Kolleg*innen, in einer Intervision genauso erleben wie mit meinem Herzensmenschen oder Freund*innen. Manchmal reicht es auch schon erzählen zu dürfen, dass es heute anstrengend war.

Oft geht es mir in diesem Augenblick auch gar nicht darum, eine Lösung zu finden (das setzt mich nämlich zusätzlich unter Druck), sondern einfach nur darum zu merken, dass man nicht alleine ist oder zu spüren, dass jemand ein offenes Ohr für diese überforderte Version von mir hat. Von mir aus können wir auch gemeinsam jammern, zumindest für ein paar Minuten. Um dann gemeinsam durchzuatmen und gemeinsam auch wieder auf andere Gedanken zu kommen.

7. Ich übe mich in Mitgefühl

Diese Verbindung über den Schmerz löst bei mir auch Mitgefühl aus. Und Mitgefühl ist ein wichtiges Hilfsmittel, um mich von negativen Energien und Stress zu lösen. Niemand von uns ist perfekt, und egal, wie erleuchtet jemand ist, er wird Momente erleben, in denen das Leben anstrengend ist. Wenn ich es schaffe, jemanden nicht für seine Menschlichkeit zu verurteilen, sondern erstmal zu akzeptieren, dass es so ist – dann sind ganz andere Lösungen möglich. Studien von Dr. Wendy Suzuki dass Kreativität und Lösungsbereitschaft größer ist, wenn wir mit Mitgefühl und Akzeptanz auf sie reagieren. Wenn ich also jemanden sehe, der wütend oder genervt oder gestresst wirkt, versuche ich mich in dem Gedanken: „Das könnte ich sein an einem anderen Tag“


Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

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Ich bin Dr. Sharon Brehm und biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an. Meine Praxis für Einzel-und Paartherapie ist im Zentrum Münchens.

Fotocredit Titelbild: Logan Weaver via unsplash