Love Moves

View Original

Einsam und getrennt? Wie wir mit Scham in Beziehungen umgehen können.

Wir alle würden gerne perfekter sein. Nicht perfekt und makellos – wir wissen sowieso, dass das langweilig wäre. Doch ein bisschen weniger oft das Gefühl, „falsch“ zu sein oder etwas Falsches gemacht zu haben, wäre schön. Zu bereuen, schuld zu sein oder der Wunsch, nochmal eine zweite (oder überhaupt eine) Chance zu bekommen – all das ist Scham. Doch sich in Beziehungen zu schämen hat eine größere Bedeutung, als dass wir nicht „richtig“ sind.

Die Scham in Beziehungen

See this content in the original post

In Beziehungen kann Scham besonders schlimm und häufig vorkommen. Wir schämen uns dafür, zu lange in einer toxischen Beziehung gewesen zu sein, wir schämen uns dafür, betrogen worden zu sein oder betrogen zu haben, wir schämen uns dafür, verlassen worden zu sein und zu verlassen. Wir meinen, wir wären falsch, weil wir schon zu lange Single sind oder weil wir in einer unglücklichen Beziehung sind, oder weil wir Hilfe in einer Paartherapie in Anspruch nehmen. Weil wir zu viele Emotionen gezeigt haben, weil wir ohnmächtig waren, die Gefühle unserer Liebsten auszuhalten, weil wir etwas Unangemessenes gesagt haben, weil wir unsere Ängste auf unsere PartnerInnen projiziert haben, weil wir gestritten haben.

Wir befürchten, wir wären falsch oder beziehungsunfähig oder zu viel oder nicht genug. Die Liste lässt sich unendlich fortführen, weil Scham kulturell und von unseren eigenen Erfahrungen abhängig ist. Doch warum ist die Scham in der Liebe so schwer zu tragen, wie können wir sie überwinden – und was können wir aus ihr lernen?

Mehr als nur Definition von Scham

Gerade heutzutage beziehen wir viel Wert aus unserem Beziehungsstatus, wie Eva Illouz schreibt. In einer glücklichen Beziehung zu sein, lässt uns nicht nur die Welt umarmen. Wir halten uns auch für attraktiver, für anziehender, für intelligenter, für schöner, für liebenswerter. Wir sehen uns gerade am Anfang mit dem frischen, freundlichen Blick einer anderen Person.

Doch Scham ist mehr als nur seine Definition, sie führt zu mehr als “nur” Versagensangst. Denn Scham im Liebesleben kann zunächst zu Selbstzweifeln führen, zu sozialer Isolation und unnötigen Grübeleien. Weil wir nie gelernt haben, mit dieser machtvollen Emotion namens Scham umzugehen, führt sie zu weiteren Konsequenzen.

Beispielsweise tun wir so, als wäre die Affäre nicht so schlimm – wir wollen ablenken und unsere Scham ignorieren. Wir werden wütend auf die andere Person, weil wir unsere Scham nicht tragen wollen. Wir isolieren uns, damit niemand unsere Makel sieht. Wir spielen die Fehler herunter. Wir lügen und verheimlichen. Auch als Paartherapeutin will dieses Verhalten nicht beschönigen, aber ich möchte von einige Mechanismen hinter Scham erzählen und so zu einem besseren Selbst-Verständnis beitragen.

Wie wir Scham überwinden können?

Das Spannende ist, dass unser Körper unseren Wunsch nach sozialer Isolation, Ablenkung, Flucht entgegensteht. Schließlich sind die körperlichen Symptome bei Scham alles andere als unauffällig. Viele werden bei Scham rot. Wir bekommen Herzrasen und Schwindel. Wir fangen an zu Stottern. Unser Körper bremst quasi unseren Fluchtreflex. Anstatt uns so klein wie möglich werden zu lassen, stellt er uns auf die Bühne. Warum macht unser Körper so etwas scheinbar Paradoxes?

Die Definition von Scham aus dem Duden lautet, in moralischer Hinsicht versagt zu haben. Doch sehen wir uns die psychologische und soziale Funktion von Scham an, dann ist Scham im Kern die Angst, nicht mehr dazu zugehören - und vor dieser Isolation schützt uns unser Körper. Brene Brown, die Expertin für Scham, Verletzlichkeit und Mut schlechthin schreibt:

 Die Bedeutung von Scham

Unser ziemlich schlauer Körper zwingt uns quasi, unsere Ängste zu überwinden. Wir müssen unseren Mut zusammen nehmen und den Kontakt zu unseren Mitmenschen suchen. Wir brauchen Gespräche, Berührungen, Rückversicherungen von Menschen, die uns viel bedeuten. Denn das einzige Gegenmittel gegen Scham ist zu lernen, dass wir trotz unserer Makel und Fehltritte von unseren Liebsten akzeptiert werden. Wenn wir feststellen, dass wir geliebt werden, obwohl wir uns selbst als seltsam empfinden, können wir heilen – in Liebesbeziehungen wie in Freundschaften. Wenn auch unsere verletzlichsten Seiten angenommen werden, können wir wachsen.

Die soziale Funktion von Scham beweist auch ein Experiment des Psychologen Anthony Mansteads. Ein Mann in einem Supermarkt schmeißt einen Stapel Toilettenpapier um. Zeigt er sich peinlich berührt, helfen andere eher, als wenn er sich ungerührt zeigt. Scham – so wie auch Trauer – sind dafür da, Hilfe von anderen zu bekommen und den Kontakt zu suchen.

So lähmend und unangenehm Scham im ersten Augenblick auch scheint. Die tiefere Bedeutung von Scham ist die Suche nach Verbindung, Verständnis und Empathie – und wenn wir das finden, können wir heilen.


Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

Wenn du mich noch mehr kennenlernen willst, vernetze dich doch mit mir auf Instagram!

Wenn du lieber der Video-Typ bist oder zwischendurch ein wenig Inspiration suchst: Ich habe auch ein paar YouTube-Videos auf meinem Kanal. Abonniere ihn doch!

Ich bin Dr. Sharon Brehm und ich bin davon überzeugt, dass Lieben leicht ist. Wenn du dieses Gefühl von Leichtigkeit in der Liebe und in deinen Beziehungen wieder erleben willst: Ich biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an.

Photocredit: Gage Walker via unsplash