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„Erfahrung Paartherapie“: Anna Wilitzki erzählt, wie wir unseren Partner annehmen und akzeptieren können.

Manchmal fällt es schwer, den anderen anzunehmen. Warum ist der andere so laut, so leise, so dominant, so unentschieden, so emotional – so anders als ich? In solchen Momenten kann es zum Streit kommen. Im Interview erzählt Anna Wilitzki, wie wir lernen können, den Partner anzunehmen und zu akzeptieren - trotz Macken und Fehlern, die jeder eben hat. Und warum das nach der Geburt des ersten oder zweiten Kindes so schwer ist. Anna Wilitzki bietet emotionsfokussierte Paartherapie in Berlin (kurz EFT) an und auf einem EFT-Basistraining für Therapeuten durfte ich ihre freundliche, weise und zuvorkommende Art kennenlernen. Außerdem empfehle ich Euch, ihrem wunderschönen Instagram-Account zu folgen.

 

Hallo Anna, wie bist du dazu gekommen, Paartherapie anzubieten?

Anna Wilitzki: Zur Paartherapie haben mich zwei Erfahrungen gebracht. Zunächst wollte ich Kinder- und Jugendpsychologin werden und habe dann festgestellt, dass viele Themen von den Eltern mitbestimmt werden. Außerdem habe ich in der Charité in Berlin auf der der Huntington-Station gearbeitet. Bei dieser Erbkrankheit verlieren die Patienten nach und nach die Kontrolle über ihre Muskeln. Während ihre Partner alles übernehmen und überlastet sind, fühlen sich die Erkrankten wie eine Belastung. Das führte auf der Station oft zu Missverständnissen, die die Paarbeziehung direkt beeinflusste. Gleichzeitig habe ich gesehen, wie viel besser es den Erkrankten ging und wie sehr eine glückliche Beziehung sie positiv beeinflusste.

Warum sind Paarbeziehungen so wichtig?

Anna Wilitzki: Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass Singles und Paare in einer unglücklichen Beziehung früher sterben. Die Lebenserwartung ist höher bei Paaren, die eine glückliche Beziehung führen. Diese Studien zeigen, wie wichtig gute Paarbeziehungen sind und wie sehr wir die als Menschen brauchen.

Warum bleiben Menschen dann oft in unglücklichen Beziehungen?

Anna Wilitzki: Menschen bleiben in unglücklichen Beziehungen, weil sie sich so allein damit fühlen. Die meisten reden mit Freunden nicht über die Probleme und wollen sie alleine lösen. Doch jeder hat dann das Gefühl, irgendwie läuft unsere Beziehung nicht, aber bei allen anderen läuft sie gut. Ich bin das Problem und es muss dann ja an mir liegen. Dann versucht man sehr viel, ohne zwingend zu einer Lösung zu kommen. Wenn man darüber in der Paarbeziehung spricht und dann darüber streitet oder aufhört überhaupt darüber zu reden, resignieren viele.

Viele haben auch Angst, dass sie in der heutigen Zeit gar nicht mehr etwas Festes finden können oder dass sie schon zu viel in die jetzige Beziehung investiert haben und das nicht aufgeben wollen. Oder Kinder. Das ist natürlich der häufigste Grund, um zusammenzubleiben.

Warum verschließt man sich vor einer Person, der man sich einmal so öffnen konnte?

Anna Wilitzki: Manchmal bekommen Menschen das Gefühl, dass ihr Partner gar nicht richtig auf sie eingeht. Dadurch wird dieser sichere Rahmen einer Beziehung immer kleiner. EFT schenkt Paaren diesen sicheren Rahmen wieder und unterstützt, die tiefe emotionale Verbundenheit wiederzufinden.

Außerdem brennen wir manchmal einfach aus. Nicht nur in der Partnerschaft, sondern auch im Job oder anderen Lebensbereichen. Wir verlieren manchmal unsere Kraft und Geduld und verlieren dann uns selbst. Wir streiten in einer Beziehung, wenn dieser Ball an Erschöpfung und Verletzungen immer wieder aufschlägt. Und aus diesen Mustern kann man kaum noch alleine rauskommen.

Viele Personen haben also einerseits das Gefühl, alleine mit dem Problem zu sein und haben gleichzeitig nicht gelernt, wie sie Beziehungen führen können. Was müssen wir also alle noch lernen?

Anna Wilitzki: Wichtig zu lernen ist, den anderen erstmal anzunehmen und zu verstehen. Das heißt nicht, dass man alles akzeptieren muss. Wenn der andere Bedürfnisse äußert, geraten wir in manchmal in Panik. Wir denken, wir sind nicht gut genug. Dann sind wir entweder dagegen oder wir versuchen uns gleich um 180° zu ändern. Erst im Nachhinein merken wir, dass das gar nicht das Richtige für uns war. Und dann sind wir eigentlich in der gleichen Spirale wieder. Deswegen erstmal annehmen und akzeptieren.

Wie kann ich Akzeptanz konkret in meiner Kommunikation umsetzen?

Anna Wilitzki: Wenn der Partner zum Beispiel sagt, er ist nicht glücklich, geht es darum, erstmal einen Schritt zurücktreten und nicht ins Grübeln zu verfallen. Den anderen anzunehmen bedeutet, nicht in Panik zu geraten. Es geht nicht um Schuld oder die Abwertung der eigenen Person. In so einer Offenbarung möchte der Partner gesehen werden und ich bin eingeladen zu erfahren, welche Botschaft dahintersteht. Erst im zweiten Schritt geht es darum zu sehen, was so eine Aussage mit mir macht.

Welche Tipps aus der Paartherapie gibst du allen Paaren mit?

Anna Wilitzki: Erstens, Geduld für den Veränderungsprozess zu haben. So können wir wieder den Fokus auf die Stärken einer Beziehung richten. Zweitens: Nicht zu lange mit einer Paartherapie warten. Keine Angst haben. Ich habe Paare, die kommen nach drei, vier Monaten Beziehung und sagen, sie sind glücklich. Sie waren aber mit ihrem Ex-Partner in einer Paartherapie und da war es zu spät. In diesen Fällen reichen auch vereinzelte Sitzungen. Denn die Streitmuster sind oft schon in der Anfangsphase präsent, werden aber von Glückshormonen überdeckt. Eine Paartherapie hilft uns, unsere tiefe emotionale Verbundenheit zu stärken. Denn die braucht es bei emotionalen Krisen, die durch Kinder oder Krankheit eines Elternteils ausgelöst werden. Drittens natürlich Kommunikation.  Miteinander, aber auch mit Freunden. Einfach zu wissen, dass wir nicht alleine sind. Und egal, wen du auf der Straße fragen würdest, jeder hat seine Probleme und Päckchen. Doch nicht vergessen, Freunde sind natürlich immer auf der eigenen Seite.

Bekommen manche Partner dann nicht Angst, dass intime Details verraten werden?

Anna Wilitzki: Das ist ein wichtiger Punkt. Deswegen können Paare ruhig vorher gemeinsam besprechen, was geteilt werden darf und was nicht: Welche Punkte würden zum Beispiel zu weit gehen? Das ist oft das Thema Sexualität.

Was sind die schönsten Momente in einer Paartherapie?

Anna Wilitzki: Mein allerliebster Moment ist jener, in dem sich einer wirklich öffnet. Wenn sich einer öffnet und der andere zuhört, liegen die Paare sich am Ende gemeinsam in den Armen. Wenn Vorwürfe, vielleicht auch dieser spezielle Ton keine Rolle mehr spielen, man für sich selbst, seinen Schmerz und den anderen zu 100% da ist, halten sich die Paare gegenseitig. Das ist wunderschön.

Wie kann uns emotionsfokussierte Paartherapie konkret dabei unterstützen?

Anna Wilitzki: EFT schafft die Verbindung zu unseren Bedürfnissen. Bei der emotionsfokussierten Paartherapie rutschen Situationen und Gegebenheiten in den Hintergrund. Menschen lernen stattdessen diesen sicheren Rahmen ihrer Partnerschaft zu nutzen, um ihre Verletzlichkeit und große Liebe zu zeigen.

Tatsächlich macht es wirklich zu Spaß, in der Paartherapie gemeinsam am gleichen Strang zu ziehen. Viele Paare erleben, wie wohl sie sich damit fühlen: Sich selbst zu bewundern, den anderen auch zu bewundern, sich zu öffnen, Kraft wiederzufinden. Wenn man nicht so lange wartet, dann ist es gar nicht so düster in der Paartherapie wie alle denken. Es kann auch sehr lustig sein. Paartherapie ist schließlich emotional, intim und verbindend.

Studien haben inzwischen mehrfach belegt, dass die Beziehung zum Therapeuten den Erfolg einer Paartherapie maßgeblich beeinflusst. Was erwartet Paare in einer Paartherapie mit dir?

Anna Wilitzki: Ich gehe individuell auf die Paare ein. Denn jeder Mensch und damit jede Paarbeziehung ist individuell. 80% meiner Arbeit basieren auf EFT. Ich nutze auch verhaltenstherapeutische Interventionen bei Alltagsproblemen oder die analytische Hypnose bei kindlichen Bindungsverletzungen. Ganz wichtig ist mir, dass Paare ehrlich zu mir sind. Gebt mir Feedback. Wie fühlt ihr euch in der Allianz und Verbindung zu mir? Denn ich bin umgekehrt zu meinen Paaren auch sehr ehrlich.

Mit welchen Themen kommen die Paare am häufigsten zu dir?

Anna Wilitzki: Affären sind sehr häufig ein Thema. Oft sagt einer auch, er will nicht mehr. Er wisse nicht mehr, ob er noch liebe oder befürchtet, dass er sich in der Beziehung verloren habe. Das häufigste Thema ist das erste oder zweite Kind. Denn in dieser Zeit werden die Probleme noch intensiver, es eskaliert leichter, und die Paare finden sich nicht mehr. Wie denn auch, denn man hat sich selbst in der neuen Rolle als Mutter oder Vater noch nicht gefunden.

Das kennen sicherlich viele frisch gewordenen Eltern. Erzähle bitte noch mehr von möglichen Mustern!

Anna Wilitzki: Meistens ist es so, dass die Mutter stillt und zuhause bleibt. Dann fühlt sich der Vater ausgeschlossen. Gleichzeitig ist die Mutter auch eifersüchtig auf den Vater, der noch sein altes Leben führen kann. Er kann sich beruflich weiterentwickeln. Beide fühlen sich alleine und unverstanden. Die Situation ist in manchen Fällen auch nicht zu ändern. Dann geht es gar nicht darum, etwas zu ändern, sondern nur, wieder Verständnis füreinander aufzubauen. Zu merken, dass man wirklich zusammen ist und so viel, viel leichter die Situation annehmen zu können.

Vielen lieben Dank, Anna!


Auf meinem Blog findest du Wissenswertes über das Lieben: Von Interviews mit anderen Paartherapeut*innen, über Kolumnen über Emotionen, bis zu Tipps bei Beziehungsproblemen. Eben alles, rund um Beziehungen, Dating, Trennungen, Verlieben, Emotionen.

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Ich bin Dr. Sharon Brehm und ich bin davon überzeugt, dass Lieben leicht ist. Wenn du dieses Gefühl von Leichtigkeit in der Liebe und in deinen Beziehungen wieder erleben willst: Ich biete systemische Paartherapie und EFT-Paartherapie in München an.

Titelbild: Heather Mount via unsplash