Love Moves

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Was erotische Wünsche über Dich erzählen?

Von BDSM über Sex in der Öffentlichkeit bis hin zu Voyeurismus – so vielfältig Menschen auch sind, so vielfältig sind ihre sexuellen Fantasien. Und genauso vielfältig ist auch die Bewertung erotischer Träume. Denn spätestens seit Fifty Shades of Grey  werden Dominanz und BDSM gesellschaftlich akzeptiert, die Fantasie von der sexy Krankenschwester belächelt, Sex mit Tieren als krankhaft bezeichnet und viele geheime Wünsche nach wie vor mit Scham besetzt. Trotzdem plädiere ich dafür, Sex nicht nur auf die körperliche Stimulation zu reduzieren, sondern sich auch mit der Bedeutung erotischer Fantasien zu beschäftigen. Einfach aus der Lust an (Selbst-)Erkenntnis heraus.

 

Paartherapie erklärt, was an Uniformen so sexy ist und warum Männer von einer Menage a trois träumen

Freud erklärt sexuelle Vorlieben als nicht gestillte Begierden – die nicht erwiderte Liebe der Mutter, die Abwesenheit des Vaters. Doch ein Blick auf erotische Fantasien offenbart, dass es um viel mehr geht als um die Bewältigung eines Kindheitstrauma. Warum zum Beispiel haben Uniformen, vom Polizisten bis zur Krankenschwester, eine derart große Anziehungskraft? Dies liegt daran, dass Uniformträger Autorität, Macht und Sicherheit ausstrahlen, wir aber im Alltag zu wenig Aufmerksamkeit von ihnen bekommen. Beim Sex können wir uns endlich die Beachtung holen, die wir uns wünschen. Endlich kümmert sich sich die sexy Ärzt*innen dann nur noch um unsere Probleme und Sorgen.

Außerdem ist der Alltag ist nur langweilig, sondern wird auch von Restriktionen, Ängsten und Problemen geprägt. Sex führt dann in eine schönere, sorgenfreiere Welt – und damit meine ich nicht nur den sinnlichen Genuss. Es geht auch um Selbstbewusstsein, psychische Gesundheit und die Umkehrung von Paradigmen. Laut einer Studie des Kondomherstellers Durex ist die Nr. 1 Fantasie von Männern, gleichzeitig mit zwei Frauen Sex zu haben. Diese Fantasie dreht das Gewohnte auf den Kopf. Der Mann steht im Zentrum und wird verführt. Endlich macht jemand anderes den ersten Schritt. Und anstatt Konkurrenzdruck kann er sich einmal zurücklehnen.

 

Sex ist der Ort, an dem wir auch andere Seiten zeigen dürfen

Wie sieht es mit Träumen aus, in denen wir unsere wilde Seite zum Vorschein bringen? In der wir unsere innere „Femme Fatale“ ausleben? Das alles hat mit unserer animalischen Seite zu tun, die wir im Alltag unter unbequemen Anzügen und hinter gutem Benehmen verstecken. Sex wird zum Ort, an dem wir im wahrsten Sinn des Wortes einmal die Sau rauslassen dürfen. Sex bedeutet auch eine andere Seite von sich zeigen zu dürfen.

Wenn Topmanager zu einer Domina gehen, liegt das auch nicht (oder zumindest nicht nur) daran, dass sie auf Erniedrigung stehen. In dieser Konstellation finden sie die Freiheit, nicht entscheiden zu müssen. Sie können Verantwortung abgeben - und die wiegt bisweilen schwer. Good Bye Verantwortung!

US-Autor Daniel Bergner stellt im Buch „Die versteckte Lust der Frauen“ die These auf, dass 30-60% der Frauen Vergewaltigungsfantasien haben. Kaum eine Frau möchte das in der Realität! Was ist aber jetzt der Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit? In der Fantasie behalten Frauen die Kontrolle über Gewalt, Abenteuer und Handlung: sie sind Hauptperson und Regisseurin zugleich. Diese Umdeutung sexueller Gewalt steht auch hier im Kontrast zum Alltag. Übergriffen durch Männer passiert dort häufig.

 

Kontrollverlust und Aufmerksamkeit - was ist deine erotische Fantasie?

Unsere sexuellen Wünsche spielen mit Ängsten und Problemen, die Teil unseres Alltags sind: Überforderung, Kontrollverlust, Zwänge, fehlende Aufmerksamkeit und Sinnlichkeit. Aus der Paartherapie weiß ich, damit auseinanderzusetzen, kann anstrengend und schmerzhaft sein. Abgesehen davon, werden manche Fantasien nicht nur belächelt, sondern vollends tabuisiert. Wo also findet sich ein Ort, schamlos darüber zu reden und nicht verurteilt zu werden?

Dieser Artikel sollte dazu animieren, gerade beim Thema Sex zu sagen, was man will und was man nicht will. Nicht nur weil Menschen selten Gedanken lesen können und Erotik sehr unterschiedlich definiert wird und Sex mehr ist als die Auslebung geheimer Wünscher. Zu sagen, wovon du träumst, ist auch eine Geste der Ehrlichkeit. Sie schafft Intimität und Nähe und nur wenn du zu ihnen stehst, kannst du deine erotischen Vorlieben auch erleben. Und das wiederum tut auch deinem Innersten gut. Denn im Liebesspiel können wir gefahrlos austesten, was außerhalb des Schlafzimmers zunächst unmöglich erscheint, und so einen Hauch Magie und Akzeptanz erleben.


Das Original ist auf Zeitjung.de erschienen.

Bildquelle: Lillit Matevosyan via CC BY-ND 2.0