Love Moves

View Original

Warum es normal ist, wenn aus Liebe Freundschaft wird - und wie wir das ändern können?

Manche Fragen machen mehr kaputt als dass sie gut sind. Einfach Weil die Antwort uns nicht befriedigt. Und trotzdem tun wir das. Ein Beispiel? Liebst du mich?

Typische Selbstzerstörung, die nagende Frage ein Versuch, Gefühle zu bestätigen. Meistens von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Denn ein Ja löst das Problem nicht. Ein Nein bestätigt unsere Zweifel - kein schönes Gefühl. Obwohl wir es also besser wissen, holt uns der Wunsch nach einer Skalierung unserer Beziehung ein. Warum neigen wir dazu, die Qualität einer Liebe mit quantitativen messen zu wollen? Und wie könnten wir stattdessen die Unterschiede zwischen Beziehungen verstehen? Was bedeutet es, wenn unsere Beziehung sich verändert?

 

Können wir Erotik oder Liebe messen?

Manchmal flüchten wir uns in die Skalierung einer Liebe, wenn der oder die andere ein Mehr, ein Zuviel an Gefühlen aufbringt, als wir bereit zu geben sind. Und dadurch dass wir Liebe messen, gibt es natürlich auch einen furchterregenden Nullpunkt, den Moment, in dem anscheinend nichts mehr von diesem Kribbeln, dieser Anziehung , dieser Erotik da ist. Doch seien wir einmal ehrlich. All die Momente, in denen wir Liebe zum zählbaren, messbaren Gegenstand rationalisieren sind oftmals Versuche, das mangelnde (Selbst-)Vertrauen zu überspielen und die unsere Zweifel zu beruhigen. Beide Wünsche sind verständlich.

Denn erstens ist jede Liebe unterschiedlich, Gefühle für manche Personen nicht einfach zu verstehen. Zum anderen kann selbst die Paartherapie dieses Zusammenwirken an einzelnen Komponenten nicht verallgemeinern - wie sollen es dann Nicht-Experten. Es gibt keine Maßeinheit, welche die Erotik einer Beziehung, die Intensität von Sympathien oder die Farbigkeit verschwendeter Tagträumen misst. Deswegen entwickeln wir insgeheim aus unseren Erfahrungen eine Skala der Liebe:

Du liebst mich nicht genug, weil ich mehr für dich tue als andersherum. Ich liebe dich nicht genug, weil ich nicht mehr jeden Tag meines Sommers mit dir verbringen möchte. Dieses Wir liebt weniger oder schlechter als das Wir aus einer der letzten Beziehungen. Doch die Messung von Qualität durch Quantität ist absurd, der Vergleich mit der eigenen Vergangenheit nur schmerzhaft.

 

Theorien der Liebe: 6 Liebestypen

Keine Liebe ist wie die andere. Das wissen wir. Schließlich sind wir nicht beim Eiskunstlaufen und bewerten mit Noten, welche Liebe größer, tiefer, wahrer ist. Eine niedrige A-Note für den Schwierigkeitsgrad und eine mittelmäßige B-Note vergeben wir für den schnörkellosen Liebesbrief eines Pragmatisten. Für den Akt, ein Fahrrad in minutiöser Kleinstarbeit über Tage hinweg zu reparieren, gibt es dann aber eine Gesamtwertung von 5? Dieses Bild fühlt sich absurd an. Die Darstellung von Liebe spiegeln nämlich nicht zwangsweise das dahinterliegende Gefühl. Außerdem gibt es in der Liebe kein richtig und kein falsch und deswegen sollte es auch keine Bewertungen geben.

Eine Alternative zum Vergleichen ist John Alan Lees Theorie der sechs Liebestpyen. Der kanadische Psychologe unterscheidet zwischen verschiedene Arten zu lieben. Dabei kann man selbst innerhalb einer Beziehung verschiedene Stufen erleben. Zu wissen, welche Typen es gibt, soll jetzt aber keine Einladung sein, den nächsten Selbsttest zu machen. Das Wissen kann dir helfen, Ängste, Vorstellungen und Handlungen besser zu verstehen.

 

Von Freundschaft, Erotik und Eifersucht – sechs Liebestypen

Klar, der Typos Eros ist eine dominante Vorstellung von der perfekten Liebe: Sex, Leidenschaft, Sehnsucht. Kennen wir alle, mindestens aus Liebesfilmen. Doch der Nachteil ist, dass kaum jemand auf lange Zeit pure Erotik lange aufrechterhalten kann und will. Wessen Liebe stattdessen auf Werten wie Verständnis, gemeinsamen Interessen, Vertrauen aufbaut, lebt den Typ Storge. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Freundschaft. Storge ist eben eher kumpelhaft als lasziv-intensiv. Und dann gibt es natürlich auch Beziehungen, in denen es vor allem um Unterstützung geht: Agape. Liebe ist dann bedingungslos und uneigennützig. Wenn Agape einseitig ist, kann es anstrengend sein. Und wunderschön, wenn beide auf diese Art und Weise lieben.

Auch Mania wird als Liebestyp benannt: intensiv , aber auch Eifersucht. Sie wird mit der Angst vor Verlust und wenig Selbstvertrauen assoziiert . Wer stattdessen auf Leichtigkeit, freie Liebe und Freiheit pocht, sieht Liebe eher als Spiel: Ludus. Das macht die einzelnen, vielen Beziehungen etwas oberflächlich und lässt Menschen trotz wechselnder Sexualpartner*innen teilweise leer und unbefriedigt zurück. Natürlich gibt es noch Pragma,einen Typ, der wenig „romantisch“ ist. Dafür sieht man in diesem Modell der Realität ins Auge.. Früher hat sie durchaus den Beginn vieler Ehe markiert, heute ist sie verpönt. Was damals vor allem Kalkulation einer Beziehung nach finanziellen, sozialen oder kulturellen Größen bedeutete, heißt heute für die Kinder zusammen zu bleiben. Und ist genauso gut.

Das Schöne an so einem Spektrum ist, dass du mehrere Stile pflegen kannst, es innerhalb Beziehungen Entwicklungen gibt und dass jeder Stil seine positiven und negativen Aspekte mit sich bringt. In der Theorie geht man davon aus, dass die ersten drei – Eros, Storge und Agape – eher am Anfang einer Beziehung stehen und dann durch die sekundären Typen ersetzt werden. Um eine grobe, gewissermaßen wertfreie Einschätzung zu bekommen, sind solche Modelle wunderbar geeignet. Ich persönlich denke, dass man selbst dafür verantwortlich ist, was und wo man sich gerade mit seiner Beziehung wiederfindet. Wir kreieren glückliche Beziehungen selbst. So ein Modell ermöglicht es schlichtweg, die eigene Gefühlswelt und die unterschiedlichen Erfahrungen zu sortieren. Liebe allerdings bewerten zu wollen macht wahnsinnig unglücklich. Denn am Ende können wir nur sagen, ob es uns selbst gut tut, so geliebt zu werden und ob wir die andere Person auf diese Weise so lieben wollen. Und dafür gibt es keinen Maßstab.


Das Original erschien auf Zeitjung.de

Bildquelle: Nathan McBride by unsplash